Erich Kästner-Realschule in Brühl - Schadstoffbelastung als Chance genutzt
An der Erich Kästner Realschule wurden im Juli 2017 Schadstoffe, unter anderem PCB, nachgewiesen. Betroffen hiervon war ausschließlich der Altbau aus dem Jahre 1970. Da dringender Handlungsbedarf bestand, wurden Container auf dem Schulgelände aufgestellt, in denen der Unterricht, zwar beengt, aber in gewohnter Weise fortgeführt werden konnte.
Der belastete Altbau wurde zwischenzeitlich abgerissen und in Teilen auch schon das Baufeld für den Neubau vorbereitet.
Bürgermeister Dieter Freytag und Schulleiterin Inge Müller-Costard wiesen darauf hin, dass die PCB-Belastung ein Schock für alle Beteiligten war und die sich daraus ergebende Raumsituation insbesondere für Schülerinnen und Schüler und das Lehrerkollegium mit Umstellungen und in Teilen auch mit Einschränkungen verbunden war.
Mittlerweile wurde vom StadtServiceBetrieb AöR im Auftrag der Stadt Brühl in sehr kurzer Zeit ein Ersatzgebäude in der Auguste-Viktoria-Straße für den Schulbetrieb umgebaut, in dem die Schülerinnen und Schüler seit Beginn des neuen Schuljahres 2020/2021 untergebracht sind.
Freytag lobt das Krisenmanagement der Schule und die Geduld der Schülerschaft. Es wird auch mit der Übergangslösung weiterhin ein gutes schulisches Angebot auf hohem Niveau unterbreitet.
Durch die Entscheidung des Rates der Stadt Brühl, das belastete Gebäude abzureißen und durch ein neues größeres Gebäude zu ersetzen hat sich laut Müller-Costard aber auch eine Chance aufgetan. Man konnte das Gebäude so gestalten, dass moderne, zeitgemäße Unterrichtsformen möglich sind. Hier folgt die Architektur dem Unterrichtskonzept und nicht umgekehrt.
Mit dem Architekturbüro Hausmann aus Aachen konnte man ein -gerade im Schulbau- renommiertes Architekturbüro gewinnen. Die ausführenden Architekten Simon Gellert und Elena Sondermann haben in enger Abstimmung mit der Schulleitung und der Lehrerschaft ein Gebäude geplant, welches den neuesten pädagogischen Ansätzen folgt.
Die Architektur des Gebäudes ermöglicht ein differenziertes Lernen, bei dem auf Stärken und Schwächen der Schülerinnen und Schüler eingegangen werden kann.
Neben dem pädagogischen Anspruch wird das Gebäude aber auch hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit ein Vorzeigegebäude der Stadt Brühl. Baudezernent Schiffer wies darauf hin, dass das Gebäude den KfW-Standard 55 erreichen wird und damit auch eine Förderung einhergeht. Die Energieversorgung erfolgt in großen Teilen über ein von den Stadtwerken Brühl betriebenes modernes Blockheizkraftwerk, mit dem dann auch die auf dem Gelände stehende Dreifachturnhalle mit Strom und Wärme versorgt wird. Lt. Schiffer werden die freien Flächen auf dem Dach sowohl für eine Photovoltaikanlage als auch für eine Dachbegrünung genutzt.
Bürgermeister Freytag erläuterte, dass das Gebäudemanagement in Sachen Nachhaltigkeit neue Wege geht, in dem die wesentlichen Materialen vorab bezüglich Ökologie und Nachhaltigkeit bewertet werden. Hier werden Gesichtspunkte wie Schadstoffbelastung, verantwortungsvoller Ressourcenverbrauch, Langlebigkeit, Lebenszykluskosten, Trennbarkeit der Baustoffe oder auch die Recyclingfähigkeit der Materialien bei einem späteren Abbruch des Gebäudes bewertet.
Lt. Gellert führte dieses Verfahren letztendlich zu der Entscheidung, eine Holzfassade auszuwählen.
Das Gebäude erhält eine mechanische Lüftungsanlage. Die Lüftungsanlage dient dazu, den CO²-Gehalt in den Klassenräumen durchgehend auf einem möglichst niedrigen Niveau zu halten. Der dadurch bewirkte häufige Luftaustausch ist auch ein positiver Effekt bei der Infektionsprävention.
Lt. Projektsteuerer Achim Reichard vom Architekturbüro schmitz.reichard aus Aachen, wird das neue Gebäude und auch der dann integrierte Bestandsbau nach den Sommerferien 2023 in Betrieb gehen. Aktuell steht die Abgabe des Bauantrages an. Der Baubeginn ist für Mitte 2021 vorgesehen.
Die zu erwartenden Kosten liegen bei 25 bis 26 Mio. €. Dabei wurden Baurisiken und die Unwägbarkeiten am derzeitigen Baumarkt mitberücksichtigt.
Planung und Gestaltung Neubau:
Das neue 3-geschossige Schulgebäude entsteht im nördlichen Grundstücksbereich. Der quadratische Baukörper orientiert sich mit seinem Haupteingang zum Schulhof und zum Eingang des bestehenden Gebäudes. Durch einen Rücksprung im Erdgeschoss entsteht eine überdachte Pausenfläche, die die beiden vorhandenen Schulhöfe miteinander verbindet.
Der Ersatzneubau beinhaltet zukünftig die Lernbereiche für die Jahrgänge 5-8 sowie die Fachunterrichtsbereiche NWT, Kunst, Technik, Informatik, Musik, und Hauswirtschaft. Außerdem verfügt er über einen Verwaltungsbereich und über gemeinschaftlich genutzte, übergeordnete Funktionen wie Ganztagsbereiche, Mehrzweckräume und dem neuen Forum als "Herzstück" der gesamten Schulanlage. Im erdgeschossigen Eingangsbereich springt der Baukörper zur Ausformulierung einer überdachten Eingangszone zurück und dient den Schülerinnen und Schülern als überdachte Pausenhofflächen. Ein großzügiger Windfang führt in das Forum der Schule, das über die Dachflächen des dreigeschossigen Atriums belichtet wird. Im Bereich des Forums befindet sich eine Treppenanlage als vertikale Haupterschließung der Lernbereiche. Sichtbeziehungen und Kommunikation werden durch diese Offenheit unterstützt und das Leben innerhalb der Schulgemeinschaft gestärkt.
Der quadratische Grundriss des Gebäudes setzt sich aus zwei Bereichen zusammen. Im Erdgeschoss liegt im östlichen Bereich die Verwaltung. Im westlichen Bereich sind die gemeinschaftlichen zentralen Funktionen positioniert. Diese Struktur setzt sich in den oberen Geschossen fort. Im östlichen Riegel sind die Fachunterrichtsbereiche untergebracht, welche somit auch vom Bestandsgebäude aus auf kurzem Weg zu erreichen sind.
Die Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss sind multifunktional bespielbar und können im Rahmen des Ganztagsunterrichtes, aber auch für kleinere Versammlungen, Elternabende, Stufentreffen, Konferenzen u.Ä. genutzt werden. Der angrenzende Musikraum kann bei Bedarf über eine mobile Trennwand zum Forum geöffnet werden.
Über die zentral gelegene Treppenanlage im Atrium werden die beiden Doppeljahrgangscluster in den Obergeschossen erschlossen. Ein Doppeljahrgangscluster ist konzipiert für jeweils zwei Jahrgangsstufen, die auf ein gemeinsames, zentral gelegenes Selbstlernzentrum zugreifen. Es stellt das Bindeglied zwischen den Jahrgangsclustern dar, dort findet jahrgangsübergreifender Austausch zwischen den Schülerinnen und Schülern statt. Hier sind zudem eine gemeinsame Lehrerteamstation sowie ein Ruhe- und Beratungsbereich für beide Jahrgänge untergebracht. Im Selbstlernzentrum kann frei gearbeitet werden, es dient auch als Kommunikations-, Austausch- und Beratungsort zwischen dem Lehrpersonal und der Schülerschaft. Die Lehrkräfte verfügen dort über einen Rückzugsort zur Vor- und Nachbereitung mit Ablage von Lehrmaterialien und persönlichem Arbeitsplatz.
Die Clustermitte eines jeden Jahrgangs vereint Funktionsbereiche wie Identifikationspunkt, Garderobe und Unterbringung von persönlichen Materialien, erweiterte Lernfläche, Spiel- und Kommunikationsfläche und Verkehrsfläche. Die Lern- und Differenzierungsbereiche sowie das Selbstlernzentrum mit Lehrerstation, Ruhe und Beratungsbereich sowie Nebenräume.
Jedes Lerncluster hat je zwei Lerneinheiten aus Klasse – Differenzierung - Klasse. Jeweils zwei Unterrichtsräume teilen sich einen Differenzierungsraum und sind funktional miteinander verbunden. Die Klassenräume sind Identifikationsort der kleinsten Einheit und ruhiger Lernbereich. Der Differenzierungsbereich ist das Bindeglied zweier Lerneinheiten und erweiterter Klassenraum. Es besteht eine hohe Transparenz zwischen Klassen, Differenzierungsräumen und Mitten.
Weitere Daten und Termin:
Kenndaten
Bruttorauminhalt BRI: ca. 31.300 m3
Bruttogrundfläche BGF: ca. 7.059 m2
Nutzfläche NUF: ca. 4.750 m2
Termine
Start der Planung: November 2019
Abschluss Vorplanung: Februar 2020
Abschluss Entwurfsplanung: August 2020
Bauantrag einreichen: November 2020
geplanter Baubeginn: Juli 2021
geplante Fertigstellung: Juni 2023
geplante Nutzungsaufnahme: August 2023
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